How To: Inspektion am Fahrrad
Bereit für die Saison? Wir zeigen Dir, wie Du Dein Bike startklar machst und welche Teile dabei besonders viel Zuwendung benötigen.
Wie arbeitet der Freilauf an Deinem Rad? Worauf solltest Du beim Umrüsten der Schaltung achten und welcher Freilauf ist mit welcher Schaltung kompatibel?
Vor Dir der Trail, hinter Dir eine Staubwolke und dazwischen läuft ein Soundtrack aus Reifen-Abrollgeräusch, Vogelgezwitscher und dem Surren Deiner Nabe. Oder genauer: dem Freilauf an Deinem Fahrrad. Er ist Dein ständiger Begleiter. Er ist die Schnittstelle zwischen der Kassette und dem Hinterrad. Wenn Du in die Pedale trittst, überträgt er die Kräfte vom Ritzel auf die Nabe. Wenn Du die Beine hochnimmst, ist er es, der Dir ermöglicht, mühelos dahinzurollen. Manche schätzen ihn für sein individuelles Klangbild – wie einen guten Ohrwurm. So kann er sogar die Fahrradklingel ersetzen.
Wenn Du Deine Schaltung umrüstest, kann ein Tausch des Freilaufkörpers nötig sein. Wenn Du eine neue Hinterradnabe oder einen neuen Laufradsatz aussuchst, ist die Art des Freilaufs ein wichtiger Faktor. In den folgenden Absätzen erfährst Du, worauf Du bei der Wahl und beim Wechsel des Freilaufkörpers achten solltest. Wir geben eine Übersicht, welcher Freilauf mit welcher Schaltung kompatibel ist und erklären, wie der Freilauf an Deinem Fahrrad funktioniert.
Wenn auch die Wahl des richtigen Freilaufs beim Neukauf eines Rades, einer Hinterradnabe oder eines Systemlaufradsatzes ein wichtiger Faktor ist – beim Umbau, Upgrade oder Tuning spielt der Freilaufkörper sogar die Hauptrolle. Er stellt eine Vielzahnverbindung zur Kassette her, auf die Deine Beinkraft über die Kette übertragen wird. Dabei gibt es verschiedene Standards. Wenn Du also Deinen Antriebsstrang tunen oder umbauen willst, musst Du besonders auf den Freilaufkörper achten.
Es gibt zwei wichtige Kriterien bei der Wahl. Er muss:
Die meisten Nabenhersteller bieten Umrüst-Kits für die Montagestandards verschiedener Kassetten- bzw. Antriebshersteller an. Rüstest Du Deinen Antrieb innerhalb der Produktpalette desselben Herstellers um, etwa von einem Shimano-Zehn- auf Elffach-Antrieb oder von SRAM-Elf- auf Zwölffach, kommst Du oft um den Tausch des Freilaufkörpers herum. Entscheidend ist aber die Freilaufkompatibilität der gewünschten Kassette.
Wie genau der Umbau des Freilaufkörpers vonstattengeht, ist von Nabenhersteller zu Nabenhersteller verschieden. Viele Hersteller wie Hope, DT Swiss, SRAM oder Shimano ermöglichen einen werkzeugfreien Umbau: Der Freilaufkörper ist einfach gesteckt. Ob das bei Deiner Nabe auch so ist oder wie ein Wechsel stattdessen funktioniert, verrät Dir die Bedienungsanleitung oder unser Service-Team.
Etwas Werkzeug brauchst Du, um vorher das Rad auszubauen und die Kassette zu demontieren. Wie das funktioniert, erfährst Du in eigenen Beiträgen. How To: MTB-Kassette wechseln / How To: Kassette wechseln am Rennrad? So gehts!
Beim Umrüsten musst Du darauf achten, dass Freilaufkörper und Kassette zueinander passen. © bc GmbH & Co. KG
Damit Du beim Einkauf den Überblick behältst, haben wir die gängigsten Montagestandards und Kassettenkompatibilitäten kurz zusammengefasst. Wenn Du einen schnellen Überblick suchst, findest Du den weiter unten.
Der Shimano-Hyperglide(HG)-MTB-Standard ist für Acht-, Neun-, Zehn- und Elf-Gang-Mountainbikekassetten von Shimano und diversen anderen Herstellern geeignet, bei denen das kleinste Ritzel mindestens elf Zähne hat (auch SRAM, aber nicht SRAM XD oder XDR). Der Platz für die Kassette ist 34,9 Millimeter lang und hat neun Rillen. Shimano bezeichnet den Standard auch als „HG spline M“.
Achtung: Acht-, Neun-, und Zehn-Gang-Rennradkassetten von Shimano passen ebenfalls.
Der Shimano-Hyperglide(HG)-Road-Standard ist für Acht-, Neun-, Zehn-, Elf- und Zwölf-Gang-Rennradkassetten von Shimano und diversen anderen Herstellern geeignet, bei denen das kleinste Ritzel mindestens elf Zähne hat (auch SRAM, aber nicht SRAM XD oder XDR). Der Platz für die Kassette ist 36,75 Millimeter lang und hat neun Rillen. Acht- bis Zehnfach-Kassetten kannst Du mit Hilfe eines Spacers montieren. Shimanos Bezeichnung ist „HG spline L“.
Achtung: Die Elffach-Road-Kassetten CS-HG800 und CS-HG700 benötigen ebenfalls einen Spacer.
Shimanos Zwölffach-Dura-Ace-Hinterradnaben verfügen über einen spezifischen Freilauf, der in Kombination mit Dura-Ace-Laufrädern ausgeliefert wird. Die Zwölffach-Kassette greift hier in 18 Rillen, die 37,65 Millimeter lang sind. Shimano nennt den Freilauf „HG spline L2“.
Achtung: Der Freilauf ist lediglich mit Zwölffach-Kassetten kompatibel.
Mit dem Schritt zu Zwölf-Gang-MTB-Antrieben hat Shimano den Micro-Spline-Standard eingeführt. Er erlaubt die Verwendung eines kleinsten Ritzels mit zehn Zähnen und ist kompatibel mit Zwölf-Gang-MTB-Kassetten von Shimano. Die Kassette sitzt auf 23 Rillen, die 26 Millimeter lang sind. Shimano lizensiert die Verwendung der Micro-Spline-Technologie an andere Hersteller von Kassetten oder Hinterrad-Naben.
Achtung: nicht verwendbar mit SRAM-XD- und XDR-kompatiblen Kassetten.
Der XD-Standard wurde von SRAM mit der Einführung der Elf-Gang-MTB-Antriebe als offener Standard eingeführt, um die Verwendung von Kassetten mit einem kleinsten Ritzel mit zehn Zähnen oder weniger (z. B. e*thirteen mit einem Neuner-Ritzel) zu ermöglichen. Er ist kompatibel mit Elf- und Zwölf-Gang-Kassetten von SRAM und diversen Drittanbietern.
Achtung: nicht verwendbar mit Shimano-kompatiblen Kassetten (HG). Nicht verwendbar mit SRAM-XDR-Kassetten (Zwölf-Gang-Road).
Im Gegensatz zu SRAM XD hat der XDR-Standard eine um 1,85 mm vergrößerte Aufnahme. Er ist zur Verwendung von Kassetten mit einem kleinsten Ritzel von zehn Zähnen oder weniger gedacht und kompatibel mit SRAM-Road-12-Gang-Kassetten. Bei Verwendung eines 1,85-mm-Abstandshalters (Spacer) ist er rückwärts-kompatibel mit SRAM-XD-Kassetten (s. o.).
Achtung: Nicht verwendbar mit Shimano-kompatiblen Kassetten.
Der italienische Hersteller Campagnolo verwendet einen eigenen Freilauf-Standard mit acht unterschiedlich geformten Rillen, auf denen die Kassette sitzt. Es passen Kassetten der Neun-, Zehn-, Elf- und Zwölffach-Rennradgruppen.
Achtung: nicht verwendbar mit Shimano- oder SRAM-kompatiblen Kassetten.
Seit 2020 gibt es von Campagnolo einen weiteren Freilauf: N3W. Der Freilaufkörper hat die gleiche Verzahnung wie der klassische Campa-Freilauf mit acht Rillen. N3W ist allerdings kürzer, um Platz für die kleinsten Ritzel (neun und zehn Zähne) von 13-fach-Kassetten zu lassen. Mit einem Adapter ist N3W kompatibel mit älteren Kassetten aus dem Hause Campagnolo.
Achtung: nicht verwendbar mit Shimano- oder SRAM-kompatiblen Kassetten.
Für Singlespeed- und Trial-Bikes gibt es spezielle Naben mit schmalen Freilaufkörpern, die meist ausreichend Platz bieten, um mit Spacern die Kettenlinie anzupassen. Der schmale Freilauf erlaubt breiter stehende Nabenflansche, die den Bau symmetrischer und steiferer Laufräder ermöglichen. Eine nachträgliche Umrüstung auf eine Schaltung mit Kassette ist bei solchen Naben allerdings nicht möglich. Andersherum kannst Du aber Freilaufkörper für Shimano Road, MTB und SRAM (nicht XD oder XDR) mit entsprechenden Spacern und Singlespeed-Ritzeln zum Ein-Gang-Betrieb umrüsten. Einige Singlespeed-Ritzel haben eine breitere Aufnahme, um den Freilaufkörper zu schonen.
Eine andere Variante sind Singlespeed-Naben mit Schraubgewinde. Für diese Bauweise benötigst Du ein Ritzel mit integriertem Freilauf, sprich ein Freilaufritzel.
Bahnräder und Fixies haben gar keinen Freilauf. Hier wird das Ritzel direkt auf den Nabenkörper geschraubt und mit einem Konterring gesichert. Wenn sich das Hinterrad dreht, drehen sich auch Ritzel und Kurbel.
Freilaufkörper werden in verschiedenen Materialien angeboten. Aluminium-Freiläufe sind sehr weit verbreitet. Sie sind leicht, können aber bei Verwendung mit Kassetten, die aus einzelnen Ritzeln bestehen, durch die Antrittskraft Kerben bekommen. Bei vielen Kassetten sitzen darum fast alle Ritzel auf einem Träger mit voller Freilaufbreite. Stahlfreiläufe sind robuster, aber schwerer. Ganz noble Naben kommen auch mal mit Freilaufkörpern aus Titan, die geringes Gewicht und Robustheit miteinander verbinden.
Beim Freilaufkörper kommen 3 Materialien zum Einsatz (v. l. n. r.): Aluminium, Titan oder Stahl. © bc GmbH
In die eine Richtung frei drehbar und in die andere nicht – wie funktioniert das eigentlich? An den meisten Fahrrädern sind Freiläufe entweder mit sogenannten Sperrklinken oder als Zahnscheibenfreiläufe konstruiert.
Ein Sperrklinkenfreilauf hat an dem Teil, der in der Nabe sitzt, mehrere kleine Sperrklinken, die von Federn nach außen gedrückt werden. Ein verzahnter Ring im Nabenkörper bildet das Gegenstück. Trittst Du in die Kurbel, greifen die Sperrklinken fest in die Verzahnung und bewegen so die Nabe mit. Da die Sperrklinken und die Verzahnung nur in eine Richtung zueinander passen, kann sich die Nabe vorwärts drehen, auch wenn der Freilaufkörper stillsteht (wenn Du rollst, ohne zu treten). Dann rutschen die Klinken über die Zähne im Nabenkörper – meist deutlich hörbar. Es gibt unterschiedliche Ausführungen, wie viele Klinken ein Freilauf hat und wie viele davon gleichzeitig greifen. Bekannte Beispiele für hochwertige Naben mit Sperrklinkenfreilauf sind die Modelle des englischen Herstellers Hope.
Das zweite bedeutende Konstruktionsprinzip ist der Zahnscheibenfreilauf. Vor allem DT Swiss und Chris King setzen auf dieses Prinzip, das geringen Wartungsbedarf und mechanische Belastbarkeit verspricht. Hier greifen während des Tretens zwei Zahnscheiben ineinander, die von Federn aufeinandergedrückt werden. Eine davon sitzt im Nabenkörper und die andere im Freilaufkörper. Anders als bei Sperrklinkenfreiläufen greifen bei Zahnscheiben immer alle Zähne gleichzeitig. Das sorgt für eine sehr große Kontaktfläche und macht die Freiläufe auch bei hohen Krafteinträgen sehr robust. Auch hier passt die Verzahnung nur in eine Richtung. In die andere Richtung rutschen die Zahnscheiben hörbar übereinander.
Je feiner die Rasterung des Klinkeneingriffs oder der Zahnscheiben ist, desto mehr Rastpunkte hast Du bei jeder Umdrehung der Nabe zur Verfügung. Der Eingriffs- oder Auslösewinkel beim Treten wird geringer. Anders gesagt: Der Leerweg der Kurbel sinkt und nach dem Rollen hast Du nahezu unmittelbar wieder Kraftschluss. Das ist vor allem für Trial-, Mountain- und Gravelbiker wichtig. Am Renn- oder Triathlonrad, wo Du ohnehin eine konstante Pedalumdrehung anstrebst, ist das weniger entscheidend. Hier können weniger, aber dafür größere Sperrklinken durch höhere Robustheit und Widerstandsfähigkeit gegen Deine Beinkraft glänzen.
Die Rasterung ist auch verantwortlich für das Geräusch, das Du beim Dahinrollen hörst. Je mehr Rastpunkte Deine Nabe hat, desto höher wird das Surren. Wie definiert und laut Dein Freilauf klingt, hängt von den Details ab, wie der Hersteller die Zahnscheiben oder Sperrklinken dimensioniert hat – und von der Schmierung. Kassette, Felgen und sogar der Rahmen können das Geräusch als Resonanzkörper noch verstärken. So hat jedes Bike seinen individuellen Road- oder Trail-Soundtrack.
Art des Freilaufs | Welche Kassetten passen vom Profil? | Wie viele Ritzel kann die Kassette haben? | Spacer benötigt? |
Shimano MTB (HG spline M) | Shimano, SRAM (außer XD/XDR) und Fremdanbieter (SunRace, OneUp Components, u. a.) | Elffach-MTB (sowie CS-HG800 und CS-HG700) | Nein |
Ausgewählte Zehnfach-Road: CS-7900 / CS-7800 / CS-6700 / CS-6600 / CS-5700 / CS-5600 | 1,85 + 1 mm | ||
Acht-/Neun-/Zehnfach(Road und MTB) | Nein | ||
Shimano Road (HG spline L) | Shimano, SRAM (außer XD/XDR) und Fremdanbieter (Rotor, Miche, u. a.) | Zwölffach-Road | Nein |
Elffach-Road (außer CS-HG800 und CS-HG700) | Nein | ||
Elffach-MTB (sowie CS-HG800 und CS-HG700) | 1,85 mm | ||
Ausgewählte Zehnfach-Road: CS-7900 / CS-7800 / CS-6700 / CS-6600 / CS-5700 / CS-5600 | 1 mm | ||
Acht-/Neun-/Zehnfach(Road und MTB) | 1,85 mm | ||
Shimano 12-fach | Shimano | Zwölffach-Road | Nein |
Shimano 12-fach Micro Spline | Shimano | Zwölffach-MTB | Nein |
SRAM XD | SRAM und div. Fremdanbietern (e*thirteen, KCNC, u. a.) | Elf-/Zwölffach (MTB) | Nein |
SRAM XDR | SRAM | Zwölffach (Road) | Nein |
Elf-/Zwölffach (MTB) | 1,85 mm | ||
Campagnolo | Campagnolo Ultra-Drive | Neun-/Zehn-/Elf-/Zwölffach-Ultra-Drive | Nein |
Campagnolo N3W | Campagnolo N3W | 13-fach | Nein |
Elf-/Zwölffach | Adapter (Art-Nr. 78166) |