Fatbike-Trip Kalifornien
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Erster Fatbike-Trip Marin County: Bewährt sich der Eigenbau?

Julian lebt seinen Traum: Fatbike bauen, Kalifornien bereisen und an der Golden Gate Bridge zelten. Alles richtig gemacht.

Unter mir pulsieren die flammenden Lichter von San Francisco. Bis zum Horizont zieht sich der Schein der Stadt, aus der ich im Sonnenuntergang geflohen bin. Ab und zu trägt der Wind die Geräusche der Stadt den Berg hoch und man erinnert sich an die Hektik und Ruhelosigkeit, das Heulen der Sirenen, Hupen der Züge und sonore Brummen der Autoschlangen.
Es ist Freitagnacht und ich schlage auf der Spitze von Hawk Mountain in den Marin Headlands, nördlich der Golden Gate Bridge, mein Zelt auf. Statt V8 Motoren heulen hier die Kojoten, die ab und zu neugierig aus dem flachen Gebüsch hervorschauen.

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Entstehung des Mountainbikens

Die Geschichte, die sich hier in diesen kargen Hügeln abgespielt hat, ist hinreichend bekannt. In den 70er Jahren fingen hier ein paar junge Kerle an ihre Fahrräder zu modifizieren, um auf den Fireroads rund um den Mount Tamalpais waghalsige Rennen zu fahren. Ohne Helm, mit im Wind wehenden langen Haaren und immer in der Hoffnung, in einem Stück über die Ziellinie zu brettern.

Viel Zeit ist seither ins Land gegangen. Aus den waghalsigen Boys wie zum Bespiel Joe Breeze, Gary Fisher und Tom Ritchey sind Geschäftsmänner geworden. Die Firmen, die sie großgemacht haben, sind fester Bestandteil des MTB-Sports. Marken wie Ritchey, Breezer und Kelly stammen von hier.
Die Geschichte, wie alles anfing, liegt verschwommen in der Vergangenheit, zu Genüge und immer wieder vom Marketing der Weltkonzerne ausgeschöpft und abgenutzt.
Was hat es wirklich auf sich mit den sagenumwobenen Trails? Was ist da so besonders, da wo der schwere Staub in der frischen Seeluft liegt?

Das möchte ich herausfinden und bin daher unterwegs zum Mount Tamalpais selber. Unter mir mein neues, selbstgelötetes Fatbike. Indem ich diesen verrückten Auswuchs der MTB-Industrie der Jetztzeit auf die Ursprungs-Trails des Mountainbikens bringe, kann ich quasi die Zeitlosigkeit des MTB-Gedankens messen.

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Ein Vorhaben, das mich schon seit vielen Monaten reizt - und jetzt ist es endlich so weit. Ich habe in zwei vorne am Bike angebrachten Ortlieb Taschen Klamotten, Bikezeug und Campingstuff untergebracht und habe genug Lebensmittel dabei, um in Ruhe zwei Tage in diesem legendären Bike-Gebiet verbringen zu können.

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Recherche: Trail-Situation

Eine ausführliche Recherche im Vorfeld hat gezeigt, dass die Trail-Situation hier, am Geburtsort des Sports, mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat wie jedes andere Trailgebiet auf der Welt. Die Marin Headlands bis zum Mt. Tam sind als National Forests besonders gekennzeichnete Naturschutzgebiete.

Die Nutzung der Wege ist streng reguliert. An Ranger-Stationen kann man gutes Kartenmaterial bekommen, auf dem auch Wasserstellen und Zeltplätze eingezeichnet sind.
Immerhin: Die autobreiten Fireroads sind komplett befahrbar und ermöglichen es die wenigen Trails zu sinnvollen Runden zu verbinden.

Camping

Nachdem ich die letzten Kilometer durch das Hinterland auf eben diesen Fireroads zurückgelegt habe, muss ich noch ein paar Meilen über Straßen zum Campground fahren. Hinter einer Kuppe taucht er dann auf, der Mount Tam, insgesamt kleiner, als ich ihn mir ausgemalt habe.

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Auf dem Südhang des Mt. Tam schlage ich an der Pantoll Station mein Zelt auf. Dieser gemütliche kleine Zeltplatz kostet nur 5 Dollar und ist perfekt zwischen allen Trails gelegen.

Beschreibung der Trails

Als ich dann antrete, um wenige hundert Meter vom Camp entfernt in den Trail einzutauchen, bin ich voller Vorfreude. Der Name des Trails lautet Coast-View-Trail und hält, was er verspricht. Schon nach wenigen Kurven durch Eichenwald zeigt sich der tiefblaue Pazifik unter mir. Das Gefühl, so nah am Meer biken zu können, kenne ich sonst nur vom Gardasee oder aus Finale Ligure.

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Der Trail ist lang und immer wieder muss ich mich entscheiden, ob ich im Flow bis zum Schluss durchfahren möchte oder kurz innehalte, um die sich ständig wechselnde Aussicht über die atemberaubende Küste zu genießen. Ab und an wird Abbremsen eh Pflicht, denn MTB-Trails können hier grundsätzlich von Wanderern mitbenutzt werden. Die Wanderer sind Biker aber gewöhnt, man grüßt sich freundlich und jeder geht/fährt seines Weges. Das habe ich in Deutschland leider oft schon anders erlebt.
An diesem Tag nehme ich mir auch noch Trails der etwas entfernteren Dias Ridge Bergkette vor. Diese sind nicht ganz so lang wie der Coast-View-Trail, aber viel verwinkelter und technischer. Eine gute Abwechslung zu den schnellen Flow-Passagen der offenen Trails.

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Nach all den wunderbaren Abfahrten geht’s abends wieder hoch zum Camp. Der Aufstieg wird durch einen Sonnenuntergang der Extraklasse über dem Pazifik belohnt. Panorama gehört hier einfach zum Biken dazu.

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Bei Lagerfeuer und Sierra Nevada Pale Ale spüre ich, wie die Muskeln müde werden und sich Erschöpfung, aber auch Glück breitmacht. Was für ein gelungener Trailtag.

Es ist Sonntagmorgen und es regnet. Tatsächlich der erste ernsthafte Regen, seitdem ich vor 5 Wochen in Kalifornien angekommen bin. Ich mach mir nichts draus, hole die Endura Regenmontur von ganz unten aus dem Rucksack und mache mich auf den Weg zurück in die City by the bay.

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Auf dem nassen Asphalt machen die breiten Reifen eine wunderbare Figur und ich drifte kontrolliert die Serpentinen des Panoramic Highway hinunter. Das Bike hat insgesamt eine gute Figur gemacht, wobei ein leichter sportlicher Disc-Crosser für viele der gefahrenen Strecken ausreichend gewesen wäre und ich sicherlich längere Touren hätte fahren können. Aber hey, go big or go home, that's the american way of life.
Was habe ich nun in den Stunden auf den Trails hier über das Mountainbiken gelernt? Die Erfinder des Mountainbikens haben vielleicht ihre Wurzeln verloren, aber dennoch fühle ich mich diesen Menschen, die sie mal waren, verbunden. Den Hippies, denen es egal war, wie groß ihre Laufräder waren oder wie klug der Carbonrahmen ist, den sie hätten fahren können. Diese Menschen, die sich einfach auf ein Rad setzten und es genossen über Stock und Stein Berge zu bezwingen, ob hoch oder runter. Die mit gezogener Hinterradbremse durch schottrige Kurven peitschten. Einer von ihnen möchte ich sein. Nach dieser Reise bin ich diesem Ziel, glaube ich, ein wenig nähergekommen.

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Ich fahre wieder über die Brücke, in die Stadt, die mich mit ihrem tosenden Lärm empfängt. Doch der Lärm ist nichts gegen die Ruhe und Entspanntheit, die in mir steckt und die jeder kennt, der schon mal Trails gefahren ist, von denen er lange vorher geträumt hat.