Quarq Powermeter SRAM Red Kurbel
Quarq Powermeter SRAM Red Kurbel

Unter Druck: Powermeter in der Systemübersicht

Leistungsmessung wie bei den Profis. Wo liegen die Vor- und Nachteile moderner Powermeter-Systeme?

Im professionellen Radsport sind sie seit vielen Jahren etabliert und auch im ambitionierten Umfeld des Freizeit-Radsports sind sie nicht mehr wegzudenken: Powermeter. Die kleinen Messeinheiten liefern präzise und reproduzierbar die Leistungswerte, die der Fahrer in die Pedale tritt. Disziplinübergreifend. Das Grundprinzip der Leistungsmessung ist dabei – seit den Pionierzeiten Anfang der 1980er Jahre, als Ulli Schoberer den ersten Powermeter entwickelte und später mit seiner Firma SRM verkauft hat – beibehalten worden. In den letzten Jahren sind allerdings einige Anbieter mehr auf den Markt gekommen, was dazu geführt hat, dass die Powermeter deutlich preiswerter geworden sind. Und: mittlerweile den Pulsmesser als Trainingssteuerungs-Tool ergänzen, wenn nicht sogar ablösen. Schon seit einigen Jahren sind nicht mehr nur Profis wattgesteuert unterwegs. Nein, auch immer mehr ambitionierte Freizeit-Radsportler verlassen sich in Training und Wettkampf auf die Zahlen, die der Radcomputer schonungslos ehrlich anzeigt.

Das Argument für die Leistungsmessung liegt beim ambitionierten Radfahren und im Wettkampf auf der Hand: Wenn ich weiß, welche Leistung ich wie lange abrufen kann, öffnet das den Raum, um Leistung besser zu steuern und im Endeffekt Ergebnisse zu verbessern. Je präziser man die Intensitäten in Training und Wettkampf kontrolliert, desto größer ist im Regelfall der Trainingseffekt, respektive die Ergebnisverbesserung. Im Gegensatz zur Herzfrequenz, die recht träge und zeitversetzt auf Belastungsänderungen reagiert, zeigen Powermeter die Leistung mit nur minimalem Zeitversatz und quasi „live“ an. Gerade an längeren Anstiegen kann so ein zu schnelles Anfangstempo vermieden werden. Eine Erfahrung, die die meisten von uns sicherlich irgendwann einmal schmerzhaft gemacht haben…. Ergo: Der Powermeter hilft dabei, die erbrachte Leistung unterhalb der „Schwellenleistung“ zu halten und das „Übersäuern“ zu vermeiden. 

Schwellenleistung Powermeter Belastungssteuerung

Die kleinen Messeinheiten liefern präzise und reproduzierbar die Leistungswerte, die der Fahrer in die Pedale tritt.

Volle Power(meter)

Das Messprinzip ist bei den verbreiteten Powermetern, wie zu Beginn bereits gestreift, bei allen Anbietern identisch: Am entsprechenden Bauteil werden Dehnmessstreifen aufgeklebt, deren Materialverwindung bzw. Dehnung in einen elektrischen Widerstand umgewandelt wird, aus dem dann das erzeugte Drehmoment errechnet wird. Folglich funktionieren Powermeter im Antriebsstrang des Bikes an den Stellen, an denen die Kraft des Fahrers auf den Antrieb einwirkt, sehr gut:

Es gab Mitte der 2000er auch Versuche, die Leistung an der Kette über deren Längung zu messen. Jedoch hat sich dieses System nicht durchgesetzt. Etwa zur gleichen Zeit hatte auch die Messung in der Hinterradnabe ihre Hochphase. Da man bei einem solchen System allerdings stark an ein Laufrad gebunden ist, welches gerade im Rennsport häufig gewechselt wird, hat der Ansatz nach heutigem Stand der Technik an Attraktivität verloren. (Aber bleiben wir gespannt, was sich aus der Übernahme von Powertap durch SRAM zukünftig ergibt. Vielleicht sieht man ja in Zukunft Systemlaufräder aus dem Hause Zipp mit Nachfolgern der G3 Naben von Powertap.)

Diesen Teil abschließend ist noch festzuhalten, dass es auch Versuche gab, einen Powermeter in der Schuhsohle zu installieren. Die Vergrößerung der Bauhöhe im Schuh, eine daraus resultierende, größere Standhöhe und weitere Probleme haben das Vorhaben der Firma Luck aber letztlich scheitern lassen.

Pedal Powermeter SRM Look Pedale

Pedal-Powermeter Exakt von SRM in einem Gehäuse von Look.

Shimano Stages Powermeter beidseitig Ultegra

Stages-Powermeter mit beidseitiger Messung in einer Shimano-Ultegra-Kurbel.

SRAM Red QUARQ Kurbel Spider Powermeter

Powermeter von QUARQ, mit Messung am Kurbel-Spider, integriert in einen SRAM Red-Antrieb.

Rotor Powermeter Kurbelachse Ovale Kettenblätter InPower

Geländetauglich: Powermeter aus dem Hause Rotor mit Messung in der Kurbelwelle. Aufbau mit ovalen Q-Ring-Kettenblättern möglich.

Welcher Powermeter auf der individuellen Ebene am Ende den Vorzug erhält, hängt sehr stark mit zwei grundlegenden Fragen zusammen:

  1. Soll der Powermeter nur an einem Rad zum Einsatz kommen oder ist es wichtig für mich, das Gerät schnell auf ein weiteres Rad umbauen zu können?
  2. Benötige ich einen Powermeter mit dezidierter beidseitiger Messung der Beine oder genügt die einseitige Messung? (Die Ermittlung der Gesamtleistung wird in diesem Fall aus der Multiplikation der einseitig gemessenen Leistung errechnet)

Ein- oder beidseitige Messung?

Ein Powermeter, der beide Beine individuell misst, liefert natürlich genauere und mehr Daten, allerdings ist für eine leistungsbasierte Trainingssteuerung eine einseitige Messung ausreichend.

Beidseitige Systeme sind vor allem dann interessant, wenn man weiß, dass man eine beträchtliche Dysbalance zwischen seinen beiden Beinen hat, oder gerade von einer Verletzung zurückkehrt, durch die ein Bein stärker geschwächt wurde. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass für den Sportler, der den Powermeter nur als Kontrollinstanz zum Pacing nutzt, ein einseitiges System durchaus ausreicht. Nicht umsonst haben die Sportler des Team Sky mit der „Marginal Gains Philosophie“ mehrere Grand Tours mit einseitigen Systemen von Stages gewonnen.

Die beidseitige Messung macht vor allem für diejenigen Sinn, die sich mit dem Pedaltritt als Bewegungsablauf genauer auseinandersetzen möchten. Hier bieten beidseitige Systeme in Verbindung mit den neuesten Headunits einfach mehr Möglichkeiten, die Bewegungsabläufe und die Effizienz des Tritts zu analysieren. Dabei sollte man aber darauf achten, dass es sich tatsächlich um ein beidseitiges System handelt: Spiderbasierte Powermeter errechnen die Balance nämlich ebenfalls nur und messen nicht individuell. Hier wird die eine Hälfte der Pedalumdrehung dem linken und der andere Sektor dem rechten Bein zugerechnet. Zug- und Druckphasen können nur von Pedalsystemen, dem Shimano Powermeter, den Stages LR und der Rotor 2INPower gemessen werden, da diese für jedes Bein eigene Dehnmessstreifen samt Mess- und Sendeeinheit haben.

Wie und wo passt der Powermeter an mein Rad?

Da ein Powermeter in der Regel an ein vorhandenes Rad angebaut werden soll oder beim Aufbau in den Antrieb integriert wird, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Montage. Die Spanne reicht dabei von sehr simpel (aufgepasst, Rechtsgewinde beim Pedal!) bis hin zu komplexem Innenlagersalat mit Kettenblatt-Krux.

Den Weg des geringsten Widerstandes geht man in diesem Zusammenhang mit einem Pedal-Powermeter. Die aktuellen Modelle der namhaften Anbieter (Favero, Garmin, Powertap, SRM) benötigen, bis auf SRM, keine Ausrichtung oder spezielle Drehmomente mehr und können wie ein normales Pedal eingeschraubt werden. Die Einfachheit des Einbaus bezahlt man allerdings mit der exponierten Position des Powermeters. Die Pedale sind häufig die erste Stelle, die beim Sturz in Mittleidenschaft gezogen werden und setzen gerade im Kriterium auch gerne mal am Kurvenausgang auf. Zwar lassen sich die Pedalkörper in der Regel problemlos tauschen und die Messelektronik sitzt in der Achse, aber Pedale bekommen eben gerne mal mehr ab als andere Bauteile. Lobend hervorzuheben ist an dieser Stelle das Favero Assioma. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern ist beim Pedal aus Italien die Elektronik nicht komplett in die Achse integriert. Hier sitzen Platine und Akku nämlich im „Knubbel“ ganz nah am Kurbelarm und sind hervorragend gedichtet gegen Wasser und Schmutz. Mit dem integrierten Akku gibt es so auch keine Probleme beim Batteriewechsel.

Etwas mehr Umbau-Aufwand erfordern Kurbelsysteme, wobei hier unterschieden werden muss: Bei einem einseitigen System muss im Normalfall nur der linke Kurbelarm getauscht werden – was das Lösen und Anziehen von drei Schrauben bedeutet. Ist das Rad mit einer Shimano Kurbel ausgestattet, ist auch der Einbau einer Stages LR oder Shimano Powermeter-Kurbel kein Hexenwerk. Es handelt sich hierbei um Shimano-Kurbeln, denen lediglich im Nachhinein ein Powermeter verpasst wurde. Kurbel raus, Powermeter rein. Die Innenlager können im Rad bleiben. Vorsicht ist allerdings bei Directmount-Bremsen an der Kettenstrebe geboten: Durch die besondere Bauart der Rahmen ist hier bei einigen Modellen nur wenig Platz zwischen Hinterbau und Kurbel. Da die Powermeter auf der Innenseite der Kurbel aufgeklebt werden, muss hier unbedingt gecheckt werden, ob genügend Platz zwischen Kurbel und Kettenstrebe vorhanden ist. Sonst droht ein Schaden am Rahmen und dem Powermeter. 
Ist Dein Bike mit einer SRAM-Gruppe und -Kurbel ausgestattet, ist der Einbau einer QUARQ-Kurbel genauso leicht. Hier solltest Du nur im Vorfeld überprüfen, ob Du eine BB30, GXP oder DUB Kurbel fährst, und den Powermeter entsprechend wählen. 
Bei Systemen der Marke Rotor ist darauf zu achten, dass Du ein Innenlager mit 30er Welle verwendest, da die INPower Achsen nicht in 24 mm Innenlager passen. Unsere Jungs im Service helfen Dir an dieser Stelle aber auch gerne weiter. Falls Du die Kettenblätter - und damit die Abstufung - gleich mit änderst, solltest Du auch noch deinen Umwerfer kontrollieren und anpassen. 

Abschließend gesagt, diese Variante ist nicht das Mittel der Wahl, wenn der Powermeter zum Reisebegleiter ins Trainingslager werden soll. Denn erstens gibt es Varianten mit einfacherem Ein-/Umbau und zweitens müssen Kurbelgarnitur und Tretlager im Test- oder Leihrad zusammenpassen. Oder anders herum: Je öfter der Powermeter von Rad zu Rad umgebaut wird, desto eher bieten sich pedalbasierte Systeme an.

Pedal-Powermeter Montage Simpel Schnell

In punkto Einfachheit der Montage sind Pedal-Powermeter nicht zu toppen.

Kurbel-Powermeter Aufwand Einbau

Systeme, die an der Kurbel messen, sind aufwändiger im Einbau.

Sonderfall(e)

Die nachfolgende Liste führt nochmals die Systemunterschiede und Sonderfälle in Bezug auf die Kompatibilität mit dem Rad auf, damit diese nicht zur Falle werden: 

  • Pedal-Powermeter und Powermeter mit Messung am linken Kurbelarm sind in Bezug auf das Innenlager „No-Brainer“: Man muss sich keine Gedanken ums Innenlager machen. Es gilt lediglich zu prüfen, ob der neue Kurbelarm auf die Kurbelwelle passt. Powermeter, die als Kurbelgarnitur mit Messung am Spider kommen, müssen auf Kompatibilität mit dem verbauten Tretlager gecheckt werden. Hier hilft ein Blick in die Herstellerangaben.  
  • Bei Pedal-Systemen, Kurbelarm-Leistungsmessern und jenen Powermetern, die als Kurbelgarnitur mit austauschbaren Kettenblättern kommen, können vorhandene Kettenblätter weitergefahren werden, solange das Lochbild übereinstimmt. In allen diesen Fällen funktioniert auch der Einsatz ovaler Kettenblätter. Allerdings gibt Stages bei Verwendung ovaler Kettenblätter eine Abweichung im Messergebnis und folglich Veränderung der FTP-Werte an.

In der Praxis

In Sachen Konnektivität ist der ANT+ Standard bei Powermetern die erste Wahl. Bluetooth LE ist in der Zwischenzeit auch weiter verbreitet, was vor allem den Einsatz auf der heimischen Rolle erleichtert. (Die meisten Laptops verfügen nicht über einen ANT+ Empfänger und müssen für die Nutzung von Zwift, Rouvy und Co. noch mit einem Dongle ausgestattet werden. Bluetooth ist hier der Verbindungsstandard.) Bei Radcomputern gibt es im Normalfall keine Standards, die von einem bestimmten Hersteller nicht verarbeitet werden können. 

Interessant ist zum Schluss sicherlich auch, ob man einem System mit fest installiertem Akku oder wechselbaren Akkus/Batterien den Vorzug gibt: Vorteil der Akku-Geräte (wie jener von SRM oder Favero) ist, dass hier beim Batteriewechsel nichts schief gehen kann. Der eine oder andere Garmin-Kunde dagegen kann vermutlich ein Lied von der Präzisionsarbeit des Batteriewechsels singen.
Wer allerdings vergisst, den Powermeter-Akku vor der Fahrt zu laden, steht dann auch gerne mal ohne Wattwerte an der Startlinie. Bei einem SRM mit 3.000 bis 4.000 Stunden Betriebszeit passiert das zugegebenermaßen selten, aber bei den Faveros kann das schon mal häufiger auftreten. Hier müssen die Akkus spätestens alle 40 Stunden geladen werden.
Bei Systemen mit Batterien empfiehlt es sich, zumindest im Training, in der Schlauch- oder Trikottasche eine entsprechende Batterie mitzuführen. Nur für den Fall der Fälle. Die nächste Tankstelle kann hier in der Regel aber auch weiterhelfen.

Kurbel(-garnitur) oder Pedal – die alles entscheidende Frage

Für welches System Du Dich entscheidest hängt sicherlich von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich lautet unsere Empfehlung: Wer den Powermeter an mehr als einem Rad nutzen möchte, für den führt an Powermeter-Pedalen kein Weg vorbei. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel und müssen von Fall zu Fall betrachtet werden. 
Wer den Powermeter an nur einem Rad benutzt, für den ist die Kurbel auf Grund der weniger exponierten Lage der traditionell zuverlässigste Platz für einen Powermeter. Es gibt zwar hin und wieder Kombinationen aus Rahmen und Innenlager, die eine Lösung knifflig machen, aber hier sind unsere Jungs im Service bereit für jede Herausforderung.