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Der richtige Sattel fürs Mountainbike – ein Ratgeber

Die Anforderungen an einen Mountainbike-Sattel sind anders als bei Rennrad und Tourenrad. Wir geben Dir Tipps für die Wahl des richtigen MTB-Sattels.

Die Wichtigkeit des Sattels wird am Mountain Bike oft unterschätzt, da es sehr dynamisch gefahren wird: Mal sitzt Du im Sattel, dann geht´s wieder in den Wiegetritt. Technische Passagen werden ohnehin im Stehen gefahren und alles, was im Gelände bergab geht, ebenfalls. Auf flachen Trails kannst Du im Stehen durch "pushen" viel Geschwindigkeit konservieren. Im Gegensatz zum Rennrad oder Tourenrad also sitzt Du auf dem MTB deutlich weniger im Sattel. 

Doch auch beim Mountainbiken sitzt Du länger mal, und durch die im Gegensatz zum Rennrad aufrechtere Sitzposition lastet mehr Druck auf Deinem Gesäß. Also solltest Du auch Deinen Mountainbike-Sattel mit Bedacht wählen.  

Beim Mountainbiken sitzt Du oft gar nicht auf dem Sattel.
Beim Mountainbiken sitzt Du oft gar nicht auf dem Sattel.

Beim Mountainbiken sitzt Du oft gar nicht auf dem Sattel.

Ob bergauf...
Ob bergauf...

Ob bergauf...

...oder bergab: Für mehr Kraft und mehr Kontrolle stehst Du beim Mountainbiken eher, statt im Sattel zu sitzen.
...oder bergab: Für mehr Kraft und mehr Kontrolle stehst Du beim Mountainbiken eher, statt im Sattel zu sitzen.

...oder bergab: Für mehr Kraft und mehr Kontrolle stehst Du beim Mountainbiken eher, statt im Sattel zu sitzen.

Und hierbei sitzt Du natürlich auch nicht!
Und hierbei natürlich auch nicht!

Und hierbei sitzt Du natürlich auch nicht!

Entscheidend für den Komfort: Die richtige Sattelbreite

Dein Sattel und Dein Hinterteil müssen zueinander passen, sonst klappt es nicht mit dem Fahrkomfort. Der wichtigste und am einfachsten zu bestimmende Parameter in dieser Beziehung ist die Sattelbreite. Bei Rädern mit tendenziell sportlicher Sitzposition lastet ein wesentlicher Teil des Drucks auf den Sitzknochen – auch Sitzhöcker genannt. Ist der Sattel zu schmal, ragen die Sitzknochen seitlich über die Sitzfläche hinaus; Druckspitzen und Schmerzen sind die Folge. Das einfachste und günstigste Tool zur Messung des Sitzknochenabstands ist die Messpappe von SQlab. Der ermittelte Abstand hilft Dir bei der Sattelauswahl, und das nicht nur für SQlab-Sättel. Die meisten renommierten Hersteller wie Specialized, Ergon oder eben SQlab bieten ihre Modelle in verschiedenen Breiten an – meist zwischen zwölf und 17 Zentimetern. Besonders, wenn Du vor allem abfahrtsorientiert fährst und Dir das Handling im Stehen am Wichtigsten ist, solltest Du im Zweifel zum schmaleren Sattel greifen. Er gibt Dir mehr Bewegungsfreiheit. Dasselbe gilt für Dich, wenn Du ambitioniert Cross Country oder Marathon fährst: Der hohe Pedaldruck kombiniert mit einer extrem gestreckten Sitzposition entlastet die Sitzknochen, belastet dafür die Hände stärker. Eitelkeit ist bei der Sattelbreite allerdings fehl am Platz: Ein sehr schlanker Sattel sieht natürlich schicker und sportlicher aus - wenn er aber nicht zu Deinem Gesäß passt, hast Du nichts davon. 

Oft unterschätzt: Die Sattellänge

Auf dem Mountainbike änderst Du öfters leicht Deine Sitzposition, je nach Gelände und fahrerischem Anspruch – auch bergauf. Darin unterscheidet sich das Mountainbiken vom Rennrad- oder Tourenfahren. Ein langer Sattel mit einer ausgeprägten Sattelnase hilft Dir im steilen Uphill, viel Gewicht auf das Vorderrad zu bringen, indem Du weit nach vorn auf die Sattelspitze rutschst. So bleibt das Vorderrad am Boden, ohne, dass Du aus dem Sattel gehen musst – was wiederum zu einem durchdrehenden Hinterrad führen würde. Damit die extreme Sitzposition auf der Sattelnase nicht so unbequem ist, hat Hersteller SQlab seine Ergowave- und Ergolux-Sättel mit einer leichten Stufenform und einer geraden Sitzfläche konstruiert. Die Sättel bieten so zwei nahezu unabhängige Sitzpositionen für Flachpassagen und steile Uphills.

Die Polsterung des Sattels

Mehr Polsterung ist immer bequemer, richtig? Nein, falsch! Bei der Polsterung gibt es zwei andere, einfache Zusammenhänge:

  1. Wenn Du Hosen mit Sitzpolster trägst, kannst Du beim Sattelpolster etwas sparen, denn Du sitzt besser, wenn sich ein weiches Material an ein härteres Material anpasst, als wenn zwei weiche Materialien aufeinandertreffen.
  2. Je sportlicher und gestreckter Deine Sitzposition, desto weniger Polsterung benötigst Du. Deshalb werden im Cross-Country-Sport gern sehr minimalistisch gepolsterte Sättel wie der ikonische Selle Italia SLR gefahren.

Auf dem Trail, beim Enduro und Downhill kann etwas mehr Polsterung hingegen hilfreich sein – nicht zwangsläufig auf der Sattel-Oberseite, sondern vor allem an dessen Seiten und an der Nase. Die Polsterung erlaubt es Dir, das Rad bei extremen Kurvenlagen oder bei Sprüngen mit den Innenseiten der Oberschenkel zu dirigieren. Neben klassischen Gel- und PU-Polstern hält neuerdings zunehmend Hightech-Material wie das von BASF entwickelte „Infinergy“ in den Ergon-Core-Modellen Einzug am (E-)Mountainbike. Manche Sattel-Hersteller geben (ähnlich wie bei einer hochwertigen Matratze) die Polsterhärte zwischen 0 und 100 in der Einheit „Shore“ an. Je höher der Wert, desto härter das Polster. Ansonsten geben Faktoren wie die Dicke des Materials und der gute alte Daumentest mehr Aufschluss.

Der Sattel hilft Dir gern auch mal beim Dirigieren Deines Bikes. Gepolsterte Kanten sind dann häufig angenehmer für Deine Schenkel.
Der Sattel hilft Dir gern auch mal beim Dirigieren Deines Bikes. Gepolsterte Kanten sind dann häufig angenehmer für Deine Schenkel.

Der Sattel hilft Dir gern auch mal beim Dirigieren Deines Bikes. Gepolsterte Kanten sind dann häufig angenehmer für Deine Schenkel. © bc GmbH

Die Sattelstreben bzw. Rails

Am Mountainbike dominieren klassisch-runde Sattelstreben (engl. Rails) mit sieben Millimetern Durchmesser, die in die Klemmungen jeder handelsüblichen Sattelstütze passen. Die bekannteste Ausnahme ist das i-Beam-System von SDG, bei dem ein einziges sogenanntes Monorail geklemmt wird. Das System erlaubt einfache Winkelverstellung, ist aber nicht kompatibel mit absenkbaren Sattelstützen und deshalb vor allem für den Downhill- oder Bikepark-Einsatz prädestiniert. 

Spannend wird es beim Material: Carbon-Rails ermöglichen einerseits die Konstruktion leichter Sättel mit einer guten Mischung aus Materialsteifigkeit und hoher Eigendämpfung. Das Material ist allerdings recht teuer. Bei der Montage solltest Du unbedingt die Drehmomentangaben des Herstellers beachten und Carbon-Montagepaste verwenden. Stahl ist ebenfalls sehr komfortabel, dazu robust und preisgünstig - lediglich beim Gewicht bricht er keine Rekorde. Bei Preis und Gewicht liegt Titan als Werkstoff für die Streben genau zwischen den beiden Materialien Carbon und Stahl. Viele Hersteller bieten ihre beliebtesten Modelle in mehreren Varianten an. So kannst Du Deinen Lieblingssattel auch an verschiedenen Bikes mit unterschiedlichen Einsatzbereichen fahren. Unser Filter „Material Streben“ hilft Dir bei der Suche.

Harte Schale, weicher Kern? Das Innenleben

Das Herzstück eines Sattels ist seine Schale, die zwischen den Rails und der Polsterung bzw. dem Obermaterial sitzt. Diese Schale bildet das Fundament des Sattels, ist je nach Auslegung entweder sehr steif oder gezielt flexibel und sorgt so für etwas Komfort bei wenig gepolsterten Sätteln. Bei sehr leichten und hochwertigen Sätteln sind nicht nur die Rails, sondern auch die Schale aus Carbon. Diese Sättel empfehlen wir aber eher für den Cross-Country-Einsatz, bei dem es seltener zu Stützen kommt, denn dabei sind Leichtbau-Sättel schon anfälliger. Je technischer also Deine Trails, desto eher solltest Du die paar Gramm Mehrgewicht einer Kunststoffschale in Kauf nehmen.

Natur oder Kunst: Das richtige Obermaterial

Folge in Sachen Obermaterial am besten Deinen persönlichen Erfahrungen und Präferenzen. Hier gibt es weder richtig noch falsch. Ledersättel sind für viele Menschen sehr angenehm und wegen ihrer meist glatten Oberfläche leicht zu reinigen, allerdings benötigen sie gerade im dreckigen und oft nassen MTB-Einsatz mehr Pflege in Form von Lederfett – wie ein Lederschuh auch. Wenn Du lieber kein tierisches Produkt möchtest oder den Pflegeaufwand scheust, sind Kunstleder, Polyester oder Mikrofaser-Materialien für das Mountainbike meist die bessere Wahl. Grundsätzlich gilt: je glatter die Oberfläche, desto leichter die Reinigung. Je rauer die Oberfläche, desto weniger rutschst Du.

Damensattel vs. Herrensattel

Benötigen Frauen und Männer aus anatomischen Gründen grundsätzlich andere Sättel? Unterschiedliche Hersteller geben hier unterschiedliche Antworten, allen voran die deutschen Ergonomie-Spezialisten Ergon und SQlab. „Ja!“, sagt Ergon aus Koblenz, denn während bei Frauen vor allem der empfindlichere Genitalbereich entlastet werden müsse, erlebten Männer die Druckspitzen im Dammbereich als besonders unangenehm. „Nein!“, sagt SQlab aus Taufkirchen bei München: verschiedene Sattelgeometrien seien nicht nötig - anatomische Unterschiede könnten mit Sattelbreite und Stufenkonstruktion besser kompensiert werden. Beide Hersteller berufen sich auf eigene Labortests und diverse Studien. Etliche andere Anbieter wie Selle Italia, fizik oder WTB positionieren sich zwischen Ergon und SQlab und bieten geschlechtsspezifische- und Unisex-Modelle gleichermaßen an. Specialized setzt überwiegend auf geschlechtsspezifische Modelle, während tune Unisex-Sättel anbietet.

Brauchen Frauen andere MTB-Sättel als Männer? Je nach Hersteller fällt die Antwort unterschiedlich aus.
Brauchen Frauen andere MTB-Sättel als Männer? Je nach Hersteller fällt die Antwort unterschiedlich aus.

Brauchen Frauen andere MTB-Sättel als Männer? Je nach Hersteller fällt die Antwort unterschiedlich aus. © bc GmbH

Die Aussparung in der Sattelmitte

Mit einem Missverständnis können wir sofort aufräumen: Die Annahme, ein Sattel mit Aussparung oder gar einem "Loch" in der Sattelmitte sei automatisch ein Damensattel, ist falsch. Solche Sättel gibt es von den verschiedensten Herstellern für beide Geschlechter bzw. als Unisex-Modell. Ansonsten ist die Frage nach dem Loch im Sattel eine ähnliche Streitfrage wie die Unterscheidung nach Geschlechtern. Die Aussparung oder das Loch in der Sattelmitte schafft Druck-Entlastung, um besonders empfindliche Körperregionen zu schonen. Ob Du einen Sattel mit Aussparung oder Loch benötigst oder davon profitieren kannst, musst Du selbst herausfinden. Hast Du mit Druckbeschwerden beim Radfahren zu tun, kann solch ein Sattel aber des Rätsels Lösung sein. 

E-Mountainbike-Sättel

Seit dem Siegeszug des E-Mountainbikes gibt es immer mehr E-MTB-spezifisches Zubehör, unter anderem auch Sättel. Ist das nun Marketing-Blödsinn oder echte Innovation? Fakt ist: Viele E-Biker haben eine andere Sitzposition, eine tiefere Sitzhöhe und eine andere Krafteinleitung ins Pedal als Fahrer:innen von nicht-motorisierten Bikes. Auf dem E-Mountainbike sitzen viele niedriger und aufrechter. Es lastet also tendenziell mehr Druck auf den Sitzknochen. Breitere Sättel mit stärkerer Polsterung sind also tatsächlich sinnvoll. Dazu kommt die neue E-MTB-Spielart „Uphill-Flow“: Dank der Extra-Power erklimmst Du mit dem E-Mountainbike steilere Anstiege. Deshalb ist bei E-MTB-Sätteln das „Heck“ leicht hochgezogen, damit Du nicht nach hinten rutschst, wenn die "Rampe" kommt.

Die richtige Ausrichtung

Die richtige Sattel-Einstellung am Mountainbike ist essenziell. Der beste Sattel bringt nichts, wenn die Neigung oder Höhe nicht passt. Die persönlichen Vorlieben spielen hier genauso eine Rolle wie beispielsweise der Einsatzzweck oder die Sattelüberhöhung in Relation zum Lenker. Deshalb beleuchten wir das Thema genauer in unseren übergreifenden Blogberichten zur grundsätzlichen Ergonomie und zu den Sattel-Typen. Wenn Du nicht so tief in die Materie einsteigen möchtest, hier ein paar kurze Tipps zum Schluss:

1. Der Neigungswinkel

Ein guter Startpunkt für die Neigung des Sattels ist, die Oberfläche parallel zum Boden auszurichten. Bedenke, dass sich die Geometrie und damit die Sattelneigung ändert, sobald Du auf dem Rad sitzt, da ja Federgabel und / oder Dämpfer dann etwas eingefedert sind. Beim Fahren also sollte die Sattel-Oberfläche parallel zum Boden stehen. Von diesem Anfangspunkt aus kannst Du dann leicht abweichen - je nachdem, ob Du das Gefühl hast, vorne oder hinten am Sattel zu viel Druck zu verspüren. 

2. Die horizontale Lage

Auf den Sattelstreben sind in der Regel Markierungen für den erlaubten Klemmbereich aufgedruckt oder eingelasert. Halte Dich daran, sonst riskierst Du eine Beschädigung oder gar einen Unfall. Innerhalb dieses Klemmbereichs kannst Du durch Verschieben des Sattels nach vorn oder hinten Deine Sitzposition und den Abstand zum Lenker beeinflussen. Du kannst z. B. einen sehr flachen Sitzwinkel durch einen weit nach vorn geschobenen Sattel kompensieren. Grundsätzlich gilt: Je weiter vorn der Sattel ist, desto mehr Druck aufs Pedal kann generiert werden, da Du mehr von oben als "von hinten" trittst.

3. Die Sitzhöhe

Als Startpunkt gilt: Setzt Du Deine Ferse aufs Pedal, so dass Dein Schuh bündig hinten mit dem Pedal abschließt, sollte Dein Bein fast, aber nicht vollständig durchgestreckt sein. In Pedalierposition (Pedal unter dem Fußballen) sollte dann schon eine leichte, aber deutlich sichtbare Anwinklung zwischen Ober- und Unterschenkel sichtbar sein. Von hier aus kannst Du die Sattelhöhe millimeterweise optimieren, ganz nach Empfinden. Beachte, dass unterschiedliche Pedalsysteme (Klickpedal / Flatpedal) oder Schuhe Deine Sitzhöhe beeinflussen.

 

Wenn Du noch Fragen zu dem Thema hast, melde dich immer gern bei unserem Service-Team

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